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   Die Rechtfertigungslehre

Die Rechtfertigungslehre spielt eine zentrale Rolle in der Kirchengeschichte und bei der Unterscheidung des biblischen Christentums von allen anderen Religionen. Eine Diskussion über das Evangelium und seine Errettung muss den Sinn und die Bedeutung dieser Lehre ansprechen. Ein falsches Verständnis der Rechtfertigung kann das Evangelium beschädigen, die Grundlage des christlichen Lebens unterminieren und die Gewissheit der Errettung unmöglich machen.

Eine biblische Definition

Obwohl dies in der englischen Sprache nicht offensichtlich ist, zeigen das Griechische und das Deutsche das Verhältnis zwischen den Ideen der Rechtfertigung und der Gerechtigkeit. Das griechische Wort für Rechtfertigung ist dikaiosune, gerecht ist dikaios, Gerechtigkeit ist dikaiosis, das Verb rechtfertigen ist dikaioo und Rechtfertigung ist dikaiosis. Wenn es nicht für die ewige Errettung benutzt wird, verwendet die Bibel gerechtfertigt oder Rechtfertigung manchmal mit der Bedeutung verteidigen, richtig oder gerecht vor anderen (Matt. 11:19; Lukas 7:29, 35; 10:29; 16:15; Röm. 3:4; 4:2; Jakobus 2:21, 24 werden weiter unten diskutiert).

Wenn das Wort Rechtfertigung für die ewige Errettung verwendet wird, dann bezieht es sich darauf, vor Gott rehabilitiert zu sein, so dass wir bei Ihm eine neue rechtliche Stellung haben, weil Er erklärt, dass wir nicht mehr als Sünder schuldig sind. Es wird nicht nur die Schuld und ihre Verurteilung beseitigt, sondern Gottes Gerechtigkeit wird uns zugerechnet (gutgeschrieben, zugeordnet). Wir lesen in 2 Korinther 5:21: "Denn er [Gott] hat den [Christus], der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes würden" (vergl. Röm. 5:15-19). natürlich besagt dieser Vers nicht, dass Christus tatsächlich sündhaft wurde, aber unsere Sünde wurde Ihm zugerechnet. Bei der Rechtfertigung werden wir nicht innerlich gerecht, sondern bekommen Christi Gerechtigkeit zugerechnet oder unserem Konto vor Gott gutgeschrieben (Röm. 4:3-4, 6, 8-11, 22-24). Rechtfertigung geschieht in einem Augenblick und führt zur Grundlage, Kraft und Motivation, in praktischer Gerechtigkeit zu wachsen, was als progressive Heiligung bezeichnet wird.

Zusammenfassend gesagt ist die Rechtfertigung Gottes Rechtshandlung, durch die ein ungerechter Sünder, der an Jesus Christus als Retter glaubt, als gerecht vor Gott erklärt wird, weil ihm Christi Gerechtigkeit zugerechnet wird.

Eine legale Definition

Das Konzept und die Begriffe der Rechtfertigung stammen aus dem Gerichtssaal. Als Richter erklärt Gott, dass der Sünder nunmehr rechtlich akzeptabel ist, weil der göttlichen Gerechtigkeit durch Jesus Christus Genüge getan wurde. Dieser Urteilsspruch macht den Sünder nicht gerechter, ebenso wenig wie der Schuldspruch eines Richters einen Menschen schlecht macht. Gott erklärt einen Sünder für gerecht hinsichtlich seiner rechtlichen Stellung, obwohl er bezüglich der Erfahrung ungerecht bleibt (vergl. Lukas 7:29, wo Gott für gerecht erklärt wird — Er wird nicht gerecht gemacht!).

Es gibt sowohl verneinende als auch bejahende Aspekte der Rechtfertigung. Verneinend ist, dass die Verurteilung für unsere Sünden zurückgezogen wird, so dass wir nicht mehr mit der Verdammnis rechnen müssen (Röm. 8:33-34). Bejahend ist, dass wir eine neue, gerechte Stellung vor Gott erhalten und uns vergeben wird (Röm. 4:6-8). Gott sieht uns aufgrund dessen als gerecht an, dass Christi Gerechtigkeit und zugerechnet wird (vergl. 1 Kor. 1:30; Phil. 3:9).

Wie wir gerechtfertigt werden können

Als Sünder können wir nur aus Gnade durch Glauben an Jesus Christus gerechtfertigt werden. Römer 3:24a sagt: "sodass sie ohne Verdienst gerechtfertigt werden durch seine Gnade...". Gottes kostenloses Geschenk der Gnade schließt menschliche Werke oder Verdienste aus (vergl. Eph. 2:8-9). Anschließend erklärt Römer 3:24b, was die Rechtfertigung kostenlos macht: "...aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist." Das Wort Erlösung spricht von dem Preis, der bezahlt wurde, als Jesus am Kreuz für unsere Sünden starb und wieder auferstand. Die Grundlage für unsere Rechtfertigung ist also Gottes gnädiges Geschenk Seines Sohnes für unsere Sünden. Wir erlangen diese Gnade "durch Glauben an Jesus Christus" (Röm. 3:22; vergl. Gal. 2:16; Eph. 2:8). Dieser Glaube ist unsere Überzeugung, dass das, was Gott über unsere ewige Errettung durch Christus als Retter gesagt hat, wahr ist. Dies akzeptiert Gottes Verheißung der ewigen Errettung. Die Bibel lehrt klar, dass wir nicht durch Werke oder menschliches Verdienst gerettet werden können (Röm. 3:28; 4:5; Gal. 2:16).

Jakobus 2:21-24 wird häufig benutzt, um zu argumentieren, dass Abraham vor Gott durch Werke, nicht durch Glauben gerechtfertigt war. Diese Passage spricht aber nicht über juristische Rechtfertigung vor Gott. Abraham wurde vor den Menschen gerechtfertigt als er Isaak zum Opfer darbrachte. Er war vor Gott durch Glauben gerechtfertigt (1. Mose 15:6), lange bevor er Isaak zum Opfer darbrachte (1. Mose 22).

Unbiblische Ansichten über die Rechtfertigung

Nicht alle akzeptieren dieses biblische Verständnis der Rechtfertigung. Der römische Katholizismus lehrt, dass die Rechtfertigung eine anfängliche Dosis von Gottes Gerechtigkeit bei der Taufe ist, die im Menschen wächst, um ihn gerecht zu machen. Ein Mensch kann in diesem Leben nicht erkennen, ob er vollständig gerechtfertigt ist, weil es keine rechtliche Verkündigung sondern eine Belohnung ist, die durch gute Werke verdient und hoffentlich beim Tode gewährt wird.

Abweichend vom römischen Katholizismus lehrte die Reformations-Doktrin traditionell, dass die Rechtfertigung eine sofortige Erklärung forensischer (rechtlicher) Gerechtigkeit vor Gott ist. Allerdings präsentieren manche reformierten Theologen jetzt eine zweiteilige Rechtfertigung: Anfängliche Rechtfertigung, wenn Gott jemanden auf Basis des Glaubens an Christus als Retter für gerecht erklärt, und finale oder zukünftige Rechtfertigung, wenn Gott urteilt, ob die Werke dieser Person ihre anfängliche Rechtfertigung bestätigen. Ohne das letztere gibt es keine ewige Errettung.

Eine weitere, jüngere Ansicht über die Rechtfertigung, die von Norman Tom ("N. T.") Wright populär gemacht wurde, schlägt vor, dass Rechtfertigung keine rechtliche Erklärung oder Zurechnung von Gottes Gerechtigkeit ist, sondern Gottes Erklärung, dass man in die Bundesfamilie Abrahams aufgenommen wird, die als die Kirche betrachtet wird. Glaube, der durch Werke nachgewiesen wird, beweist, dass man bereits ein Mitglied dieser Gemeinschaft ist und Gott erklärt einen daher für "gerechtfertigt".

Es gibt viele Probleme mit diesen abweichenden Ansichten. Vor allem ist es die Wertminderung von Christi Werk am Kreuz. Wenn finale Rechtfertigung in irgendeiner Weise gute Werke einbezieht, dann hat Christus nicht genug getan, um für unsere Sünden zu bezahlen. Diese Ansichten widersprechen außerdem offenkundig den Bibelpassagen, die besagen, dass wir nicht durch Werke errettet werden können, egal ob sie vordergründig oder durch die Hintertür zur Errettung führen sollen. Außerdem zeigt die Bibel klar, dass wir ewiges Leben haben, wenn wir an Jesus Christus als unseren Retter zum ewigen Leben glauben. Wir werden nicht verdammt oder sterben ewig (Johannes 3:16; 5:24; 6:35, 47; 11:26). Schließlich widersprechen diese Ansichten den biblischen Bestätigungen einer endgültigen und sofortigen Rechtfertigung, wenn wir an Jesus Christus als unseren Retter glauben (vergl. Röm. 5:1; 1 Kor. 6:11).

Warum ein richtiges Verständnis der Rechtfertigung wichtig ist

Es gibt viele Gründe, warum eine richtige Ansicht über die Rechtfertigung für das biblische Christentum zentral ist. Erstens, erhält sie das Evangelium der Gnade klar ohne den Zusatz von Werken zu irgendeinem Zeitpunkt. Zweitens hilft sie uns, unsere neue Stellung vor Gott als eine Grundlage und Motivation zu verstehen, um in Frömmigkeit zu wachsen (Heiligung). Drittens gibt sie dem an Christus Gläubigen Gewissheit der Errettung, basierend auf der sicheren Verheißung Gottes, dass diejenigen, die glauben, gerechtfertigt sind und ewiges Leben haben (Röm. 5:1). Viertens braucht der Gläubige niemals die Verdammnis zu befürchten (Röm. 8:33-34). Fünftens hilft sie uns, den Unterschied zwischen Rechtfertigung und Heiligung zu verstehen, die beim Auslegen von Bibeltexten so häufig durcheinander gebracht werden.

Schlussfolgerung

Rechtfertigung aus Gnade durch Glauben trennt das biblische Christentum von jeder anderen Religion. In der Reformation trennte sie die Protestanten von den römischen Katholiken. Wenn sie aufgegeben wird, dann wird die christliche Religion wie jede andere leistungsbasierte Religion der Welt. Sie ist eine Lehre, die wichtig genug ist, um sie zu verstehen, zu lehren, zu verteidigen und zu feiern.


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