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   Wer könnte in Römer 11:22 von Christus abgehauen werden?

16 Wenn aber die Erstlingsgabe heilig ist, so ist es auch der Teig, und wenn die Wurzel heilig ist, so sind es auch die Zweige. 17 Wenn aber etliche der Zweige ausgebrochen wurden und du als ein wilder Ölzweig unter sie eingepfropft bist und mit Anteil bekommen hast an der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums, 18 so überhebe dich nicht gegen die Zweige! Überhebst du dich aber, [so bedenke]: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich! 19 Nun sagst du aber: »Die Zweige sind ausgebrochen worden, damit ich eingepfropft werde«. 20 Ganz recht! Um ihres Unglaubens willen sind sie ausgebrochen worden; du aber stehst durch den Glauben. Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich! 21 Denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat, könnte es sonst geschehen, dass er auch dich nicht verschont. 22 So sieh nun die Güte und die Strenge Gottes; die Strenge gegen die, welche gefallen sind; die Güte aber gegen dich, sofern du bei der Güte bleibst; sonst wirst auch du abgehauen werden! 23 Jene dagegen, wenn sie nicht im Unglauben verharren, werden wieder eingepfropft werden; denn Gott vermag sie wohl wieder einzupfropfen. 24 Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wie viel eher können diese, die natürlichen [Zweige], wieder in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden! [Hervorhebung durch den Verfasser]

Diese Passage, besonders Vers 22, wirft die Fragen auf, wen der Apostel Paulus anspricht?, was es bedeutet, "abgehauen" zu werden?, und was die Bedeutung der Bedingung "sofern du bei der [Seiner] Güte bleibst" ist? Es könnte fehlinterpretiert werden, dass Paulus zu individuellen Christen spricht, die von ihrer Errettung abgehauen werden, wenn sie nicht fortfahren, in Treue zu leben.

Wen spricht Paulus an?

In dieser Epistel schreibt Paulus an alle Gläubigen in Rom (1:7), was zweifellos sowohl Juden als auch Heiden beinhaltet. In den Kapiteln 9-11 erklärt Paulus Israels Vergangenheit, Gegenwart und zukünftige Umstände. In Kapitel 11 stellt er die Auffassung richtig, dass Israels Unglaube zu ihrer völligen Zurückweisung führte (Vers 1), eine verkehrte Schlussfolgerung, die von der Tatsache herkommen könnte, dass die Juden vorübergehend geistlich blind waren und Paulus seinen Dienst auf die Heiden ausgerichtet hat (Verse 7-8; vergl. Apg. 28:17-28) und sich selbst einen "Apostel der Heiden" nennt (Vers 13). In den Versen 17-24 differenziert er die beiden Gruppe (Juden und Heiden) deutlich, indem er die Heiden als eine Gruppe mit dem Singularpronomen "du" (griechisch su) anredet.

Was bedeutet es, "abgehauen" zu werden?"

In der Passage verwendet Paulus die Veranschaulichung der Wurzel und der Zweige eines Baumes. Genau wie eine heilige Quelle ("die Erstlingsgabe") die Heiligkeit dessen was folgt ("der Teig") bestimmt, so trifft dies für die Wurzel und die Zweige eines Baumes zu (Vers 16). Die Wurzel repräsentiert offensichtlich Abraham und die Patriarchen als die Quelle der jüdischen Nation genauso wie Gottes Verheißungen des Bundes, die sie als heilig bestimmen. In der Situation zur Zeit des Paulus gibt es einen treuen Überrest der Juden (Vers 5), aber manche der natürlichen Zweige sind abgebrochen (ungläubige Juden) und wilde Zweige werden eingepfropft (gläubige Heiden; Verse 17-18). Die ernüchternde Erinnerung des Paulus ist, dass die Juden abgehauen werden, weil sie nicht an den Messias, Jesus, glauben, und die Heiden werden wegen ihres Glaubens an Christus eingepfropft (Verse 19-20a). Dies ist kein Grund für die Heiden, sich zu überheben, sondern sich vor Gottes Gnade zu ihnen zu demütigen und ehrfürchtig zu sein (Vers 20b), weil Gott auch die Heiden von Seinem Segen abhauen kann (Vers 21). Schließlich sind die Heiden nur gesegnet, weil Gott die Verheißungen zuerst Israel gab: "denn das Heil kommt aus den Juden" (Johannes 4:22).

Die Bedeutung der Bedingung "sofern du bei der Güte bleibst"

Vers 22 ist eine Ermahnung an die Heiden in Rom, sowohl Gottes Güte als auch Seine Strenge zu bedenken. Er war streng in seinem zeitlichen Gericht, indem Er sie geistlich blind machte und Er kann streng mit den Heiden sein, wenn sie nicht weiterhin auf Gottes Güte in Christus reagieren. Die Verheißung, in Gottes Segen zu bleiben oder abgehauen zu werden, richtet sich an die Heiden als Ganzes (wieder wird der Singular "du" verwendet), überhaupt nicht an einzelne Heiden oder einzelne Gläubige. Um es deutlich zu sagen spricht Paulus nicht von individueller Rechtfertigung sondern von Gottes Haltung gegenüber einer Gruppe von Menschen, den Juden oder den Heiden.

Paulus will die Heiden wissen lassen, dass Israel verworfen wurde (Vers 15, das Nomen apobole kommt von dem Verb apoballo, wegwerfen, abwerfen, entfernen), nicht vollkommen zurückgewiesen, wie von Paulus in Vers 1 widerlegt wird (vergleiche das davon verschiedene Verb, das in Vers 1 verwendet wird, aposato von apotheo, zurückweisen oder ablehnen). Genauso wie Israels Urteil nicht dauerhaft ist, ist es auch der Segen nicht, dessen die Heiden sich gerade erfreuen. Wenn Israel sich Jesus Christus im Glauben zuwendet, dann können sie wiederhergestellt werden, weil es für einen natürlichen Zweig (die Juden) natürlicher ist, zu seiner kultivierten Quelle zurückgebracht zu werden, als für einen wilden Zweig (die Heiden), eingepfropft zu werden (Verse 23-24). Tatsächlich ist Israel nur vorübergehend abgehauen, und Gott wird sie eines Tages wiederherstellen (Verse 25-27). Es wird aus dieser Verheißung deutlich, dass die Kirche nicht an Israels Stelle getreten ist, sondern dass Israel eine wichtige Rolle in Gottes Plan behält. Die Heiden wurden "unter sie (die Juden) eingepfropft", nicht an deren Stelle (Vers 17). Heiden müssen daher weiter positiv und demütig auf Gottes Güte zu ihnen in Christus reagieren, damit Gott sie nicht auch von dem Segen abhaut, der ursprünglich Israel verheißen wurde (Vers 21).

Schlussfolgerung

Ohne ein klares Verständnis des Kontexts dieser Passage könnte man schlussfolgern, dass Gott einen Christen von Christus abhauen oder dieser Person die Errettung wegnehmen könnte. Aber der Apostel Paulus spricht zu den Heiden in der römischen Kirche über die Juden und die Heiden als zwei Gruppen. Wegen Israels Unglauben wurde ihnen ihr privilegierter Segen vorübergehend genommen und die Heiden haben nun den Segen. Aber Heiden können ebenso ihre Stellung durch Unglauben verlieren. Es ist wichtig, dass heidnische Gläubige diese großherzige Gnade Gottes zu schätzen wissen, die Er ihnen in Seinem Geschenk der Errettung durch Jesus Christus anbietet, indem sie an Ihn glauben und ehrerbietig für Ihn leben. Gottes Gnade sollte uns demütig machen, nicht stolz. Weder Jude noch Heide sollte Gottes Gnade jemals als selbstverständlich ansehen.


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